Straßengüterverkehr
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes
Der DSLV unterstützt eine verursachergerechte Anlastung der Wegekosten sowie die user-pays- und polluter-pays-Prinzipien der Lkw-Maut in Übereinstimmung mit der Eurovignetten-Richtlinie (1999/62/EG, geändert durch (EU) 2022/362).
Für die Speditions- und Logistikbranche ist nicht allein die Höhe der zukünftigen Lkw-Maut relevant, sondern die Frage, ob steigende Wegekosten am Markt überwälzt werden können. Die Unternehmen der Logistikbranche und ihre Kunden aus Industrie und Handel sowie der Straßengüterverkehrssektor benötigen deshalb einen zeitlichen Vorlauf und verlässliche Planungsdaten. Hierfür sind auch die Gesetzessystematik und der Zeitpunkt des Inkrafttretens entscheidend. Planungssicherheit muss auch für kurz- und mittelfristige Investitionsentscheidungen für die Anschaffung moderner Nutzfahrzeugflotten hergestellt werden.
Inhaltliche und strukturelle Kritik
Das Änderungsgesetz soll lediglich die Mautteilsätze für Infrastruktur,- Luftschadstoffemissions- und Lärmemissionskosten novellieren. Die angekündigten CO2-basierten Mautteilsätze bleiben unberücksichtigt und sollen zu einem späteren Zeitpunkt mit einem separaten Änderungsgesetz geregelt und zusätzlich angelastet werden. Insofern fehlen Aussagen über Regelungsinhalte der bis März 2024 umzusetzenden Eurovignetten-Richtlinie (Umstellung der Mautdifferenzierung von Emissions- auf CO2-Klassen, Einführung eines CO2-Zuschlags sowie Ausweitung der Mautpflicht auf Nutzfahrzeuge größer 3,5 Tonnen). Dadurch entsteht ein über mehrere Gesetzeswerke verteiltes Regelungs- und Abgabenmosaik – im schlechtesten Fall mit nicht synchronisierten Inkraftsetzungsterminen.
Zur im Koalitionsvertrag zugesagten Entlastung des Straßengüterverkehrssektors von einer CO2-Mehrfachbepreisung (CO2-Abgabe/Liter Diesel gem. Brennstoffemissionshandelsgesetz, CO2-Mautdifferenzierung, CO2-Aufschlag) wird im Änderungsgesetz ebenfalls keine Aussage getroffen.
Offen bleibt auch, in welcher Form Nutzfahrzeuge mit emissionsfreien oder -armen Antrieben über das Jahr 2025 hinaus mautbefreit oder mautbegünstigt sein werden.
Das Änderungsgesetz enthält entgegen den Zusagen aus dem Koalitionsvertrag keine Befreiungsregelung für Vor- und Nachlaufverkehre des Kombinierten Verkehrs.
Die avisierte, durchschnittliche jährliche Erhöhung der Mauteinnahmen um 8,7 Prozent bis 2027 erscheint nur dann vertretbar, wenn an einem geschlossen Finanzierungskreislauf Straße festgehalten wird. Dies scheint angesichts der im Koalitionsvertrag getroffenen Aussagen hingegen nicht mehr gesichert. Eine offenbar politisch motivierte Kalibrierung der externen Kosten zum Zwecke der Erlössicherung ist nicht nur vor diesem Hintergrund, sondern auch im Hinblick auf die hiermit verbundenen inflationstreibenden Auswirkungen, die für Marktteilnehmer je nach Größe und Marktstellung bei unsicheren wirtschaftlichen Daten unterschiedlich herausfordernd sein dürften, zu kritisieren. Unabhängig davon ist durch die geplante zusätzliche Gesetzgebung zur Einführung CO2-basierter Mautteilsätze ein weiterer Kostendruck für den Straßengüterverkehrssektor zu erwarten, der ebenfalls Inflationssprünge auslösen wird, die erst dadurch abgemildert werden, wenn technische Alternativen Marktrealität werden.
Die politisch gewollte Steuerungswirkung der Differenzierung von Mautteilsätzen für die externen Kosten mag die durchschnittliche Erhöhung erklären, jene für die schadstoffärmsten Fahrzeuge hingegen nicht. Die Erhöhung der Mautsätze selbst für Fahrzeuge der modernsten und technisch ausgereiftesten EURO-VI-Schadstoffklasse um 3,8 bis 24,1 Prozent ist als umweltpolitisches Lenkungsinstrument nach wie vor verfrüht, weil alternative Nutzfahrzeugantriebsformen auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes immer noch nicht flächendeckend marktfähig sein werden und die korrespondierende Beladeinfrastruktur fehlt.
Hohe Mautsätze werden so lange keinen Anreiz für Investitionen in emissionsärmere Fahrzeugtechnologien schaffen, bis die Nutzfahrzeugindustrie marktreife sowie flächendeckend verfügbare Alternativen zum dieselbetriebenen Lkw-Verkehr anbietet und die nötigen alternativen Tank- und Ladeinfrastrukturen von der Energiewirtschaft zur Verfügung stehen. Selbst nach progressiven Schätzungen wäre hierfür ein Zeitraum von drei Jahren zu optimistisch.
Dass trotz staatlicher Förderungen vor allem Fahrzeuge der Schadstoffklassen V und IV bis 12 Tonnen noch im regionalen Liefer- und Verteilerverkehre eingesetzt werden, weist nicht nur auf eine im Vergleich zum Fernverkehr geringere Gesamtlaufleistung hin, sondern spiegelt die Erwartungshaltung der Flottenbetreiber bei Neuanschaffungen nicht mehr in Dieseltechnologien mit der Schadstoffklasse EURO-VI investieren zu müssen, sondern direkt auf alternative Antriebe umrüsten zu können. Steigende Mautsätze tragen jetzt dazu bei, dass angesichts noch nicht verfügbarer Alternativen ein Flottenwechsel innerhalb bestehender Dieseltechnologien erfolgt und Fahrzeuge mit fossilen Antrieben neuester Generationen in den kommenden Jahren im Markt verbleiben.
Fazit
Vor allem durch die vorgesehene Gesetzessystematik entstehen für die Wirtschaft Unsicherheiten bei Investitionen und Planungen.
Durch eine Fragmentierung der Mautteilsatzregelungen über mehrere Gesetze, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten könnten, werden Kosten intransparent, und die Marktakzeptanz bei der Überwälzung insgesamt gestiegener Wegekosten sinkt.
Die beabsichtigte Mauterhöhung dient allein der zusätzlichen staatlichen Einnahmeerzielung ohne absehbare Lenkungswirkung in den kommenden Jahren.
Forderungen
Die im Koalitionsvertrag zugesagte Befreiungsregelung von der Mautpflicht für vor- und nachgelagerte Straßengüterverkehre des Kombinierten Verkehrs muss als Beitrag zur Beschleunigung der Verkehrsverlagerung in den vorliegenden Gesetzesentwurf aufgenommen werden.
Trotz hohen Investitionsbedarfs für das System Schiene als weiterer Motor zur Güterverkehrsverlagerung muss an verkehrsträgerbezogenen Finanzierungskreisläufen festgehalten werden. Zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrssektors müssen die Mautmittel im System Straße verbleiben.
Sofern eine Regelung der Mautteilsätze durch verschiedene Gesetze rechtssystematisch unabänderlich ist, sollten diese als Gesetzespaket veröffentlicht und inhaltlich synchronisiert zum selben Zeitpunkt in Kraft treten.
Sofern eine zeitliche Synchronisation des Inkrafttretens der Einzelgesetze rechtstechnisch nicht möglich ist, muss zwischen dem Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes zum 1. Januar 2023 und einem weiteren Gesetz zur Regelung CO2-basierter Mauteilsätze ein Zeitraum von mindestens 12 Monaten liegen, um die Wirtschaft nicht in zu kurzen Abständen mit aufwendigen Neukalkulationen und Preisanpassungen zu belasten.
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