3. März 2020

  • Berlin
Logistik Talk

Das Parlamentarische Frühstück

"After Brexit - Herausforderungen des zukünftigen Handels zwischen EU und UK"

Rückblick: DSLV-Logistik Talk am 3. März 2020

Mit Inkrafttreten des Austrittsabkommens ist das Vereinigte Königreich (UK) seit dem 1. Februar 2020 kein Mitglied der EU mehr. Innerhalb weniger Monate muss jetzt eine über Jahrzehnte gewachsene Handels- und Sicherheitsgemeinschaft in eine möglichst für beide Seiten vorteilhaft ausgestaltete Partnerschaft überführt werden. Um die Folgen des Brexit für die Wirtschaft abzufedern, behält das Königreich für einen Übergangszeitraum bis Ende des Jahres zwar seinen Zugang zum Binnenmarkt und bleibt Teil der Zollunion, dennoch werden die einzuleitenden Entflechtungsprozesse die Unternehmen weiterhin stark fordern.

Waren im Wert von rund 83 Milliarden Euro exportiert Deutschland jährlich in das Vereinigte Königreich. Nach Prognosen des Instituts für Weltwirtschaft werden europäische Exporte in das Vereinigte Königreich ohne ein Freihandelsabkommen allein durch Zölle mit 4,9 Milliarden Euro jährlich belastet.

Zum 3. März 2020, einen Tag nach Beginn der zweiten Runde der Brexit-Verhandlungen in Brüssel, hat der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik zu einem weiteren Logistik Talk – Das Parlamentarische Frühstück des DSLV zum Thema „After Brexit – Herausforderungen des zu-künftigen Handels zwischen EU und UK“ eingeladen.

Im Gespräch mit DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster diskutierten

  • Nick Alexander, Stellvertretender Botschaftsrat für die EU in der Britischen Botschaft
  • Thomas Hacker (MdB), Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion und Berichterstatter für den Brexit sowie Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
  • Dr. Sven Mossler, Leiter der Arbeitseinheit Grundsatzfragen und Koordinierung Brexit im Auswärtigen Amt

darüber, welche Auswirkungen der Brexit auf den Handel und logistische Warenströme haben wird.

Abgeordneter Hacker und Dr. Mossler betonten, dass Bundestag und Bundesregierung darin übereinstimmen zwar ein Handelsabkommen anzustreben, dies aber nicht um jeden Preis. Der EU werde ihren Binnenmarkt nur öffnen, wenn London auch künftig bei Umwelt- und Arbeitsstandards und im Beihilfenrecht nicht hinter EU-Standards zurückgehe. Erleichterte Bedingungen (Null Zölle und Null Quoten) erfordern unbedingt faire Bedingungen (Null Dumping). Einen möglichst fairen Wettbewerb unter Freunden strebt auch das Vereinigte Königreich an, so Alexander. Er verwies auf teilweise sogar oberhalb des EU-Niveaus liegende UK-Standards und bemühte sich Befürchtungen zu zerstreuen, dass der Brexit das EU-Level aufweiche. Hacker bezweifelte diese Sicht-weise, bedeuteten höhere Standards doch in der Regel auch höhere Produktionskosten. Nach Alexander habe sich die Regierung, die heute mit einer sehr stabilen Mehrheit im britischen Parlament ausgestattet ist, damit abgefunden, dass es für den grenzüberschreitenden Waren-verkehr zu Zollkontrollen mit möglichen Friktionen kommen werde. Die Zollunion sei für das Vereinige Königreich Geschichte.

Übereinstimmende Zweifel bestanden an der Realisierung der mehr als ambitionierten Zeitplänen für die Erarbeitung eines Freihandelsabkommen, das in der Regel sieben bis elf Jahre benötigt. Im vorliegenden Fall bleiben für ein Rahmenwerk hingegen nur sechs Monate. Eine Blaupause für die Sondersituation gebe es nicht. Dies, so Dr. Mossler, würde die negativen Folgen der fehlenden, aber für die Logistik und die gesamte Wirtschaft dringend erforderliche Planungssicherheit verschärfen. Huster betonte, dass Speditionen Drittlandverkehre, wie sie auch für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und UK anzunehmen sind, professionell abwickeln können. Die kurze Übergangzeit mache es aber schwierig, hierfür Ressourcen aufzubauen und die erforderlichen Prozesse zu installieren.

Der ‚No Deal Brexit‘ sei immer noch nicht auszuschließen, so die Diskutanten. Schließlich handele es sich um die schwierigsten und kompliziertesten Verhandlungen in der Geschichte der EU. Das Vereinigte Königreich einerseits und Deutschland und die EU auf der anderen Seite würden nicht jeden Kompromiss mittragen können. Mit dem Austrittsvertrag und der Back-Stop Lösung hat man allerdings auch eine adäquate Folgelösung gefunden, die das Schlimmste verhindere.

v.l.n.r.: Axel Plaß, DSLV-Präsident, Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV, Nick Alexander, Stellvertretender Botschaftsrat für die EU in der Britischen Botschaft, Dr. Sven Mossler, Leiter der Arbeitseinheit Grundsatzfragen und Koordinierung Brexit im Auswärtigen Amt, Thomas Hacker (MdB), Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion und Berichterstatter für den Brexit sowie Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union © DSLV
v.l.n.r.: Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV, Nick Alexander, Stellvertretender Botschaftsrat für die EU in der Britischen Botschaft, Dr. Sven Mossler, Leiter der Arbeitseinheit Grundsatzfragen und Koordinierung Brexit im Auswärtigen Amt, Thomas Hacker (MdB), Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion und Berichterstatter für den Brexit sowie Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union © DSLV