Straßengüterverkehr
Stellungnahme zur Initiative der Tschechischen Ratspräsidentschaft zur Änderung der Eurovignettenrichtlinie zur Absenkung der Kfz-Steuersätze für Lkw
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hatte am 13. Juli 2022 um eine formlose Stellungnahme zur Initiative der Tschechischen Ratspräsidentschaft zur Änderung der Eurovignettenrichtlinie zur Absenkung der Kfz-Steuersätze für Lkw gebeten.
Aus Sicht der Speditions- und Logistikbranche ist eine verursachergerechte Anlastung von Infrastruktur- und Emissionskosten (Lärm, Luftverschmutzung und CO2) einer Pauschalbesteuerung grundsätzlich vorzuziehen. Die vollständige Streichung der Kfz-Steuer für Lkw zugunsten einer Mauterhebung würde das Prinzip der Zweckbindung für Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand im Mobilitätssektor stärken. Der Entfall der Kfz-Steuer würde zudem zum Bürokratieabbau und zur Ressourceneinsparung der öffentlichen Hand beitragen, den Wettbewerb in der EU angleichen und die Kostentransparenz für Transportdienstleister sowie für auftraggebende Speditionshäuser und die verladende Wirtschaft erhöhen. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive würden zeitabhängige Fixkosten durch variable Kosten abgelöst, wodurch nur in Betrieb befindliche Flottenteile, die die Infrastruktur tatsächlich nutzen, durch staatliche Abgaben belastet würden. Auf der anderen Seite kann auch die nationale Kfz-Steuer als fiskalisches Lenkungsinstrument verstanden werden, mit dem die Dekarbonisierung des Verkehrs durch abgestufte Steuersätze beschleunigt werden kann.
Die Umsetzung muss deshalb an folgende Voraussetzungen geknüpft werden:
- Die Streichung der jeweils nationalen Kfz-Steuer (Absenkung der Steuersätze bis auf null) muss als Junktim mit der verpflichteten Einführung einer Wegekostenfinanzierung verknüpft werden, um zu verhindern, dass am Ende in einzelnen Staaten eine Instrumentenlücke ohne jegliche Lenkung hin zu einem CO2-freien Straßengüter entsteht.
- Ein EU-weit harmonisierter Ansatz ist unabdingbar. Deshalb ist der Spielraum der EU-Mitgliedstaten zu beschränken. Eine Streichung der Kfz-Steuer für Nutzfahrzeuge muss im gesamten Geltungsbereich der EU zügig, einheitlich, obligatorisch, vollständig und zum selben Zeitpunkt erfolgen. Bereits heute sorgen nicht harmonisierte Steuersätze für Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen des Straßengüterverkehrssektors mit unterschiedlichen Niederlassungsorten in der EU. Optionale, teilweise und / oder zeitlich uneinheitliche Anpassungen müssen ausgeschlossen werden, denn sie würden dazu führen, dass sich nationale Wettbewerbsunterschiede verstärken können.
- Die jährlichen deutschen Mautgebühren eines 40 t/Euro 6-Fahrzeugs belaufen sich heute auf 12.000 bis 20.000 Euro. Bereits die avisierte Erhöhung der Infrastrukturabgabe als Teil der Lkw-Maut um 3,8 Prozent wird sich ab 2023 für ein 40 t/Euro 6-Fahrzeug mit 700 bis 1.000 Euro niederschlagen. Dieser Betrag entspricht in etwa den jährlichen Kfz-Steuern für ein solches Fahrzeug. Eine Kompensation geringerer Steuereinnahmen darf nicht zu einer extensiven Anhebung von Mautsätzen und damit zu einer Nettomehrbelastung für die Wirtschaft führen, sondern muss sich im Rahmen der tatsächlich anfallenden Infrastrukturkosten sowie der externen Kosten bewegen. In die Überlegungen ist deshalb vor allem auch die Vermeidung einer Mehrfachfachbelastung der Unternehmen durch eine Anlastung von CO2-Kosten einzubeziehen. Da das EU-Emissionshandelssystem bereits eine Ausweitung auf den Straßenverkehr vorsieht, muss die CO2-Komponente in diesem Kontext aus der Eurovignetten-Richtlinie wieder herausgelöst werden. Ansonsten droht für den Straßenverkehrssektor eine Mehrfachbelastung, die – auch nach Aussage im Koalitionsvertrag – vermieden werden soll.
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